Innovation - Game-Changer oder Ideen-Verbesserer

Innovation - Game-Changer or Improvement Seeker 557355

23. März 2019

Mit den „9Levels der Innovation“ bekennen Sie Farbe und erkennen wie Sie die Innovationskraft in Ihrem Unternehmen erfolgreich weiterentwickeln.

Meinen heutigen Artikel möchte ich mit einer provokativen These beginnen: „Jeder ist von Natur aus innovativ!“  Die Frage ist nur: Wie können Sie Ihre Innovationskraft am besten zum Ausdruck bringen? In diesem Artikel erfahren Sie, was es für verschiedenen Innovationsarten und -kulturen gibt. Und es kommt noch besser, Sie können lernen, elegant zwischen ihnen zu surfen.

 

Zum Thema Innovation ist schon sehr viel geschrieben worden und vor allem gibt es jede Menge unterschiedliche Definitionen von Innovationsarten, –typen und -methoden. Vor einigen Monaten wurde ich von einem Rohstoff-Zulieferer angefragt, auf einer internationalen Konferenz einen Workshop zum Thema Innovation zu halten. Ihre zentrale Frage war: „Wie können wir von unseren Kunden nicht mehr nur als Komponenten-Zulieferer, sondern als Dienstleister oder sogar als innovativer Partner wahrgenommen werden?“ Dies brachte mich auf die Idee, das Thema Innovation aus der 9Levels Perspektive zu betrachten. Die 9Levels  beschreiben die Entwicklung, wie Menschen, Teams und Organisationen zusammen leben und arbeiten. Jeder Level beinhaltet neue Betrachtungsweisen der Welt, andere Paradigmen und Wertesysteme. In diesem Artikel betrachten wir diese unterschiedlichen Paradigmen und untersuchen ihren Einfluss auf unser Denken in Bezug auf Innovation und Unternehmenskultur.

 

Jeder Level wird durch eine eigene Farbe beschrieben. In diesem Artikel werde ich 4 der 9Levels unter dem Innovations-Aspekt genauer untersuchen.

 

Ganz wichtig ist es mir im Vorfeld zu erwähnen: Kein Level ist besser oder schlechter als ein anderer.  Es geht um den richtigen Fit / die richtige Passung zum Markt, zu der Umgebung und zu den Menschen.

Faszinierend ist, dass sich jeder nächste Level als Reaktion auf die Schwierigkeiten und Beschränkungen des vorherigen Levels entwickelt.

 

Ich lade Sie dazu ein, sich beim Lesen der einzelnen Levels zu fragen, welches Ihr bevorzugter Arbeits- und Innovationslevel ist und auch wie Ihr Team oder Ihre Organisation tickt.

 

1. Der Blaue Level – Systematische Innovation

Kennen Sie den Ausspruch: „ Wenn wir nur ausreichend gute Qualität liefern, kommen die Kunden schon von alleine!“ Für Blau sind die Werte Qualität, Stabilität und Disziplin sehr wichtig.  Ebenso liebt Blau es, strukturiert und prozessorientiert zu arbeiten. Daher werden auch kreative Impulse und spontane Ideen einem strukturierten Innovationsprozess mit klaren Regeln zugeführt. Dies können z.B. das betriebliche Vorschlagswesen oder eine eigene Abteilung für Innovationsmanagement sein. Die Ideen werden dann nach vorher genau definierten Kriterien bewertet. Das führt dazu, dass eventuell sehr kreative Ideen aussortiert werden, weil sie nicht in den Kriterienkatalog passen.

Zusätzlich führt die starke Abteilungsdenke (Silo Denken) dazu, dass andere Funktionen nicht einbezogen und externe Lieferanten, wie im obigen Beispiel, als reine Komponenten-Zulieferer betrachtet werden.

Blaue Unternehmen sind sehr gut in Verbesserungs-Innovation: Verbesserung von Qualität, Prozessen und Ausbau des bestehenden Sortiments (Line-Extensions). Blaue Organisationen sind häufig im Gesundheitswesen und in der Automotive Industrie zu finden.

 

Tipp: Prozessual-orientierte Ideenfindungs-Workshops können eine wirksame Methode sein,  um hierarchie- sowie funktionsübergreifend neue Ideen zu entwickeln und gleichzeitig Akzeptanz in der blauen Unternehmenskultur zu finden.

Frage: Sind Sie ein Ideen-Verbesserer? Jemand, dem es sofort auffällt, wie Sie ein Produkt, einen Prozess oder eine Idee verfeinern oder verbessern können?

 

Wenn ein blaues Unternehmen aufgefordert ist, sich neuen Marktbedingungen anzupassen, oder schnell neue Produkte und Vorgehensweisen entwickelt werden müssen, kann es zielführend sein, eine zweite Organisation neben der Hauptorganisation aufzubauen, z.B. eine F&E Abteilung als Satellit, die kreativen Köpfen Raum gibt.

Oder die gesamte Unternehmenskultur entwickelt sich in Richtung Orange.

 

2. Der Orange Level – Performance-orientierte Innovation  

„Höher, schneller, weiter!“ ist das Motto von Orange. Neue Ideen werden hauptsächlich dann entwickelt, wenn sie dem persönlichen und dem Unternehmens-Erfolg dienen.

In Orange findet ein stärkere Marktorientierung und eine gezielte Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse statt. Externe Lieferanten werden als reine Dienstleister gesehen, denn der „Kunde ist König“. Gleichzeitig steigt die Wahrnehmung von anderen Anbietern auf dem Markt, so kann sich ein sportlicher Wettbewerb leicht zu einem knallharten Konkurrenzkampf entwickeln.

All diese Elemente beeinflussen die Innovationskultur: Ideenfindung wird mit internem und externem Wettbewerb angeheizt. Neue Ideen werden mit finanziellen Anreizen und Visibility (Sichtbarkeit) belohnt.

Business Cases dienen dazu, den kurzfristigen finanziellen Profit und Wachstum einer neuen Idee zu kalkulieren und die unternehmerische Denke der Mitarbeiter zu fördern.

Orange Unternehmen sind sehr gut darin, Kundenbedürfnisse abzufragen und direkt zu erfüllen. Technische Innovationen und Effizienz-Innovationen gehören ebenfalls zu ihren Stärken. Viele unserer westlichen Unternehmen haben eine starke Verankerung in Orange.

 

Tipp: Da häufig eine hohe Fokussierung auf „Quick Wins“ stattfindet, ist es für die Umsetzung längerfristiger und grösserer Innovationsprojekte wichtig, die Incentivierung von Meilensteinen und eine regelmässige Erfolgskommunikation einzuführen.

Frage: Sind Sie ein Performance-Innovator? Spornen Sie Wettbewerb und Erfolgs-Belohnungen bei der Ideenfindung an? Haben Sie häufig Ideen, wie Produkte und Prozesse effizienter gestaltet werden können?

 

Wenn sich die Erkenntnis breit macht, dass das Unternehmen noch erfolgreicher werden kann, wenn die Mitarbeiter besser im Team zusammenarbeiten, oder sich der Einzelne nur noch als Rädchen im Getriebe wahrnimmt und dabei die menschlichen Aspekte verloren gehen, findet eine Öffnung in Richtung grüne Unternehmenskultur statt.

 

3. Der Grüne Level – Collaborative Innovation im Wir-Gefühl

In grün geprägten Unternehmenskulturen werden die Werte Kooperation, Dialog und Diversity gross geschrieben und es herrscht eine starke Team-Orientierung vor.

Die Ideenentwicklung wird als gemeinsames Projekt empfunden. Zu Innovationsworkshops werden gerne andere Bereiche und Funktionen zur Partizipation eingeladen, da hohe Heterogenität als Förderer neuer Ideen gesehen wird. Beliebte Methoden sind z.B. das World Café oder Open-Space-Workshops.

Dem harmoniebedürfitgen Wohlfühl-Wir, verbunden mit dem Wunsch nach Integration und Konsens, kann es nach einer starken Ideenphase schwer fallen, klare Entscheidungen zu treffen und in die Umsetzung zu kommen. Entscheidungen bedeuten auch das Verabschieden weniger guter Ideen. Grün möchte jedoch niemanden auf die Füsse treten. In der Umsetzungsphase ist manchmal das Dranbleiben und Kämpfen für eine Idee mit hohem persönlichem Einsatz gefordert. Im Falle disruptiver Innovationen kann es auch Verlierer im System geben. Alle drei Punkte fallen grünen Kulturen eher schwer.

Grüne Kulturen sind gut in der collaborativen Ideenfindung. Die grössere Heterogenität fördert ein grösseres Kundenverständnis, so dass neben der reinen Bedürfniserfüllung, wie in Orange, nach dem Sahnehäubchen, dem Customer Delight, gesucht wird. Agile Organisationen werden dem grünen Level zugeordnet.

 

Tipp: Freiraum und Empowerment sind die Schlüssel für neue Ideen in Grün. Durch das Einbeziehen verschiedenster Gruppen und Funktionen erreichen die Ideen grosse Akzeptanz im Unternehmen. Wichtig ist es, einen Fokus auf die Umsetzung zu legen, z.B. mit einer klaren Vereinbarung „Wer macht was bis wann“. Ansonsten kann auf Dauer Frust über den „Schöpfungsstau“ entstehen.

Frage: Sehen Sie Diversität als beflügelnde Erweiterung Ihrer Perspektive, anstatt als lästige Reiberei mit Andersdenkenden? Kommen Ihnen die besten Ideen im Austausch mit anderen?

 

Wenn die breite Partizipation und der starke Wunsch nach Konsens und Harmonie zu einer Meeting-Müdigkeit führen („Meet until Death“-Syndrom), der Markt eine höhere Geschwindigkeit vorgibt oder gar disruptive Business Modelle gefordert sind, dann entwickeln sich gelbe Arbeitsformen.

 

4. Der Gelbe Level – Co-creative Innovation

Gelb ist DER Innovationslevel: Innovation entsteht durch Co-Creation mit internen und externen Partnern aus dem Netzwerk. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Zuruf. Unser Lieferant aus obigem Beispiel würde in einer gelben Kultur als inspirierende Innovationspartner betrachtet.

In Gelb sind Multiperspektivität und Kompetenz sehr wichtige Werte und werden gezielt für die Innovation genutzt. Freiheit, Individualität sowie lebenslanges Lernen werden als wertvolle Zutaten für einen stetigen Fluss neuer Ideen verstanden.

Innovationsräume oder Innovation Labs lassen die Ideenentwickler in einer ausgewählten Diversität zusammenkommen und geben Raum für Kreativität. Innovationen als „Game-Changer“, Business Modell Innovationen und disruptive Innovationen erhalten hier den Freiraum und gleichzeitig den geschützten Rahmen für frühzeitiges „Trial & Error“- Testen und Lernen. Auch die im 6. Kondratieff beschriebenen Basisinnovationen sind hier anzuordnen.

IT, Biotech oder Berater Start-Ups werden häufig von gelben Gründern entwickelt, denen eine der vorherigen Organisationskulturen zu eng geworden ist. Sie sind selbst inspiriert von einer „grossen Idee“ und tragen diese an ihre co-creierenden Partner und Mitarbeiter weiter.

Wie bereits erwähnt, können neben einer bestehenden Hauptorganisation z.B. F&E Units als Satelliten gebildet werden, um bestimmte Innovationsprojekte in höherer Geschwindigkeit voranzutreiben. Derzeit wirke ich beispielsweise als Consultant an einem hoch innovativen Digital Health Projekt mit, das ganz neue Business Modelle beim Unternehmen und deren Kunden etablieren soll.

 

Tipp: Wenn gelbe Start-Ups wachsen, besteht die Aufgabe darin orange erfolgsorientierte Elemente oder blaue Strukturen der Verlässlichkeit zu integrieren und trotzdem die gelbe Innovationskraft zu erhalten.

Im Falle einer gelben Satelliten Organisation bedarf das Integrieren des neu entwickelten Produktes oder Business Modells in das bestehende Unternehmen besonderer Aufmerksamkeit.

Gleichzeitig ist es wichtig, zeitweise delegierten Mitarbeiter nach Abschluss eines gelben Projektes zu begleiten. Im letzten Jahr hatte ich beispielsweise eine Coaching-Klientin, die die Rückkehr in die grüne Organisation als heftigen Kulturschock erlebt hat und sich deshalb mit Wechselgedanken beschäftigte.

Frage: Arbeiten Sie gern in flexiblen Netzwerken auf eine co-creative Weise zusammen? Sind Ihnen lebenslanges Lernen und immer wieder neue inspirierende Projekte wichtiger als Status und Sicherheit?

 

Abschliessend möchte ich den Loop zu unserem Rohstoff-Zulieferer schliessen: Um von den Kunden anders wahrgenommen zu werden, bedarf es zunächst den Change im eigenen Unternehmen, so dass sie dann dem Kunden auf dem gewünschten Level begegnen zu können.

 

Ich bin neugierig: Welcher Innovationstyp liegt Ihnen am meisten? Wie schätzen Sie Ihr Team oder Ihre Organisation ein? Die Fragen zu den jeweiligen Levels können Ihnen helfen eine bessere Einschätzung vorzunehmen.

 

Die jeweiligen Level-Tipps laden Sie ein, zu experimentieren und auf den verschiedenen Levels zu surfen.

 

Viel Freude bei der Umsetzung und dem Erblühen Ihrer innovativen Ideen wünscht Ihnen,

Annette Freund

FREUND INSPIRED MOVE

 

Annette Freund ist Gründerin und Managing Director der Unternehmensberatung FREUND INSPIRED MOVE in der Schweiz. Sie begeistert sich für Veränderungsprozesse: Strong Individuals! Reforming Teams! Transforming Organizations!

 

Sie ist im deutsch- und englisch-sprachigen Raum tätig.

www.inspiredmove.ch

 

Inspiriert durch:

(1)Rainer Krumm – 9Levels of Value Systems

(2) Rainer Krumm, Christian Buchholz – Innovationskultur

(3) Frederic Laloux  – Reinventing Organizations

(4)Marc de Jong, Nathan Marston, Erik Roth - The eight essentials of innovation

(5)Leo Nefiodow – Der sechste Kondratieff

 

Bild: © alphaspirit / fotolia.com

 


 

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